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Warum so ein Theater?
Lassen wir die ehemalige Regisseurin und Gründerin des Theater79 aus der Geschichte des Theaters 79 berichten (zu welchen Stücken die Szenenfotos gehören, überlassen wir dem Leser als Rätselaufgabe):
Unter der Ära des Merzhauser Bürgermeisters Werner Dämmert und des Kulturreferenten Peter J. Tröndlin wird ein Verein mit Gemeinnützigkeit gegründet. Sitz ist das Foyer des Rathauses Merzhausen. Dieses ist seither wöchentlicher Proberaum und zuweilen auch Aufführungsort.
Ich fange mit Szenen und Einaktern verschiedener bekannter oder noch weniger bekannter Autoren an. Aus einer Kurzgeschichte von Agatha Christie wird von Christian Goeze ein kleines Drama in einem Akt erstellt, "Villa Nachtigall".
Ein Märchen aus dem Tschechischen, "Jan und die verzauberte Flöte", hat großen Erfolg bei den Kindern in der Festhalle Merzhausen und in Wittnau. In der Saalenberghalle in Sölden spielen wir den Sketch "Regiefehler" von Georg Kreisler als Generalprobe vor einer Schulklasse , die so lange klatscht und trampelt, bis wir das Stück wiederholen.
Dann der erste Nestroy: "Häuptling Abendwind oder das greuliche Festmahl" ist ein wunderschönes Stück, welches auf einer Südseeinsel spielt. Bei der Landesgartenschau zwei Jahre später wird dieses Stück wiederaufgenommen, zum großen Teil in neuer Besetzung. Ein riesiger Scheinwerfer, von der Stadt Freiburg mitgesponsert, erleuchtet die Szenerie in bunten Farben auf der Seebühne im Seepark. Leider ist der Mai recht kühl, so daß die Damen im Südseelook frieren.
Die Augustinerkirche in Freiburg ist unser nächster Aufführungsort. Eine begabte Abiturientin, Morna Braach, erhält keinen Studienplatz in Medizin. Für sie suche ich Oscar Wildes Drama "Salome" aus. In vielen intensiven Proben, sogar im Garten unseres Hauses, werden die schwierigen Parts des Herodes, der Herodias, Jochnaan u.a. entwickelt.
Diese "Salome" wird zum 25-jährigen Bestehen des Freiburger Stadtbildes eingeladen, um in der May-Bellinghausen-Halle eine Festaufführung zu geben. Außer der Hauptdarstellerin, dem Jochanaan und dem Pagen der Herodias müssen alle anderen Rollen neu besetzt werden, bei einer Aufführung, die viel "Volk", Sklavinnen etc. benötigt, nahezu 40 Personen, keine leichte Aufgabe. Meisterorganist und Hochschulprofessor Zsigmond Szathmàry komponiert für uns die Musik für den Tanz der Salome.
Nach einer Erzählung von Nicolai Gogol schreibe ich passend zur Wintersonnenwende das Märchen "Sonnenwendenacht", welches wir im Dezember 1988 in der Festhalle Merzhausen aufführen.
Das ideale Theater im Augustinum in Freiburg-St. Georgen ist 1989 im Mai schönster Rahmen für Tirso de Molinas turbulente, reich mit Kostümen und Bühnenbild ausgestattete Komödie: "Don Gil von den grünen Hosen". Alle Kostüme sind von mir gemacht. Das Bühnenbild stammt von der Grafikerin Friederike Schäck. Vera Göpfert spielt sich in der Hosenrolle des Dieners Caramanchels in die Herzen des Publikums.
Und da haben wir schon unsere kratzbürstige Katharina, Kätchen in "Der Widerspenstigen Zähmung" von William Shakespeare, Vera Göpfert, und den sie zähmenden Petruccio Daniel Christians. Um der turbulenten Komödie den letzten Schliff zu geben, machen wir ein Probenwochenende auf der Skihütte der Skizunft Feldberg. Tagsüber intensiv proben, nachts ausgelassen feiern...
1991 steht unter dem Zeichen Anton Tschechows: "Der Bär", "Der Heiratsantrag" und "Von der Schädlichkeit des Tabaks". Mit diesem Tschechow-Abend gastieren wir auch im Kammertheater des Freiburger Theaters, ebenso gibt es ein Gastspiel in Zürich. "Der Bär" und "Der Heiratsantrag" werden 1998 neu erarbeitet und sind immer gut für Einladungen des Theater79.
Inzwischen kann "Der tolle Tag oder Figaros Hochzeit" von P.A.C. de Beaumarches Ende Januar 1992 Erstaufführung im Theater des Augustinums feiern. Zwei Tage später müssen wir schon ins Bürgerhaus Zähringen ausweichen.
Im gleichen Jahr erlebt Carlo Coldonis Komödie "Der Impressario von Smyrna", auch als "Operndirektor" bekannt, ihre Aufführung. Die drei kapriziösen Primadonnen sind glänzend besetzt. Mit dieser Produktion gehen wir auf große Fahrt auf Schloss Heiligenberg bei Überlingen. Molieres "Die Gelehrten Fauen" sind 1993 in Vorbereitung. Diese geistreiche Komödie erregt mit ihrer ausgefeilten Ensembleleistung überall Aufsehen. Auch mit diesem Schauspiel gastieren wir in Heiligenberg. Mit dem "Figaro" und dem "Impressario" und dann mit allen weiteren Stücken geben wir im Kurhaus in Hinterzarten ein Gastspiel.
Dann: J. N. Nestroy, diesmal mit dem "Talisman". Ihr Rollendebut gibt Claudia Kruck als Gärtnerin Flora Baumscheer und Ulla Schabel-Reichmann, ungeheuer spielfreudig, in der Rolle des Bierbrauers Spund.
"Fräulein Julie", Drama in einem Akt von August Strindberg, folgt. Silvia Kremp und Werner Konz entwickeln sich zu einem hochgradigen Schauspielteam. Passend zum Stück gibt es u.a. im "Original-"Schlosskeller des Schlosses Ebnet auf Wunsch der Familie von Gayling zwei sehr stimmungsvolle Aufführungen.
"Lady Windermere's Fächer" von Oscar Wilde runden das Bild ab.
Zum "6. Theatersommer" im Schlosspark Ebnet gibt es in der Reithalle einen Abend mit "Mr. Pilks Irrenhaus" von Ken Campbell und einen Abend mit Einaktern von Arthur Schnitzler.
Im November 1997 fahren wir dann mit Kostümen - allein 1 Koffer für die vielen Hüte, steinernem Engel, Requisiten, schwarzen Theaterstoffen, Beleuchtung usf. im ICE nach Berlin. Wieder unterstützt uns die Stadt Freiburg: Wir können dank eines Zuschuß im Gästehaus Berlin-Wannsee übernachten, statt, wie erst vorgesehen, am Aufführungsort auf Matratzen auf dem Boden zu nächtigen.
Johann Nepomuk Nestroys Komödie "Einen Jux will er sich machen" leidet bei der Einstudierung unter Krankheitsfällen. Wir können die Premiere erst Anfang April 1998 über die Bühne gehen lassen. Nach dem "7. Theatersommer" im Schlosspark Ebnet, diesmal tauschen wir die vorgesehene Reithalle mit Radio Freiburg, spielen wir erstmals im Theodor-Egel-Saal, der beste Bühnenbedingungen für den Jux bietet.
Im Jubiläumsjahr 1999 führen wir alle im letzten Jahr herausgekommenen Stücke auf, außer dem "Jux", der leider ad acta gelegt werden muß. Im Theodor-Egel-Saal finden die Aufführungen einen Höhepunkt an Dynamik und Turbulenz. Aus Mainz begrüßen wir Gäste des Senders K3, die die Aufführung aufzeichnen.
Im Herbst sind wieder diverse Gastspielverpflichtungen zu erfüllen, wie im Kurhaus Hinterzarten und dem Theater in den historischen Scheunen im Schloss Rimsingen.
Vom hauseigen Autor Andreas Verstappen kommt dann am 13. November 1999 im Podium der Harmonie Freiburg "Die Durchreiche" und "Vorspiel zu Höllentäler" zur Uraufführung. Kombiniert wird das Programm mit dem Einakter "Der Heiratsantrag" von Anton Tschechow.
Unsere häufigste Bühne ist das "Podium" der Harmonie in der Grünwälderstrasse in Freiburg. Aber auch das Bürgerhaus Zähringen, das Bürgerhaus im Seepark, der Saal der ev. Markusgemeinde in Freiburg-West, das Kurhaus Bad Krozingen, die Kirche in Ehrenkirchen, die Kurhäuser in Breitnau und in Schluchsee sowie diverse Bühnen in Kirchzarten sollen nicht unerwähnt sein. Viele Veranstaltungen geben wir auch in Kliniken, z. B. in der Rheintalklinik, der Schwarzwaldklinik Bad Krozingen und der Parksiedlung St. Ulrich. Regelmäßig wird jede Produktion in der Festhalle am Rathaus Merzhausen gegeben, als Dankeschön dafür, daß wir einmal wöchentlich im Foyer proben dürfen.
Daß natürlich eine Probe pro Woche nicht ausreicht, ist verständlich. So werden manche Wochenenden in Wohnungen, Gärten, gepachteten Hütten geprobt, gegessen, geschlafen, gefeiert.
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Jörg Schachner 12.3.2007